Ostfriesland ist ein traditionsreicher Flecken Erde. Angefangen bei Sitten und Bräuchen bis zu Essgewohnheiten zu den unterschiedlichen Jahreszeiten, lassen sich viele verschiede Traditionen in Ostfriesland finde. Diesmal soll der Grünkohl im Fokus unseres Deichblogs stehen.
Der Grünkohl ist einer der ersten Kohlsorten, die auf dem eurasischen Kontinent verbreitet waren. So gibt es bereits Aufzeichnungen über einen Krauskohl in Griechenland aus dem 3. Jahrhundert vor Christus. In Norddeutschland wird unter anderem eine hochstielige Kohlsorte angebaut, die auch liebevoll „Friesische Palme“ genannt wird. Grund für diese Bezeichnung ist wohl ihr hoher markanter Wuchs.
Ein Kohl, viele Namen & gesund ist er auch noch
Der Grünkohl wird gelegentlich auch Krauskohl, Winterkohl, Hochkohl, Strunkkohl oder Braunkohl genannt. Insbesondere der letzte Name sorgt gelegentlich für reichlich absurde Diskussionen über dessen Herkunft. So behaupten die Braunschweiger stolz der Kohl käme aus Braunschweig, deshalb das Braun. Andere behaupten es läge an der Verfärbung nach mehrmaligem Aufkochen oder dem ersten Frost. Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass es sich lediglich um unterschiedliche Sorten handelt. Der beliebte Kohl hat besonders im Rohzustand einige der höchsten Vitamingehalte. Außerdem werden ihm heilende Kräfte nachgesagt. So soll er beispielsweise Katervorbeugend beim Trinker wirken.
Grünkohl & Ostfriesland
Doch nun genug über den Grünkohl im Allgemeinen, kommen wir zu seiner Bedeutung für Ostfriesland. In Ostfriesland gehört er zu den beliebten Wintergemüsen und wird dementsprechend nach dem ersten Frost im Herbst bis zum Gründonnerstag vor Ostern zubereitet. Häufig steht das Grünkohlessen auch im Zusammenhang mit dem geselligen Erlebnis einer Kohlfahrt.
Grünkohlfahrten
Die Friesen haben wohl die längste Tradition der sogenannten Kohlfahrten. Ursprünglich war es eine Veranstaltung adliger Herren und Honoratioren einer Stadt. Die sich bei längerem Frost zu Kutsch- und Schlittenfahrten verabredeten. Zum Aufwärmen gab es für die Herren ein Gläschen Korn und zum Abschluss kehrte man bei einem Kohlbauern oder Gasthof ein und es wurde eine deftige Grünkohlmahlzeit serviert. Das erste schriftlich belegte Grünkohlmahl gab es im Jahre 1586.
Heute hat sich die Tradition etwas gewandelt. Die Fahrten sind beliebt bei Vereinen, Freunden, Kollegen oder auch Touristen. Während der Tour gibt Spiele, Musik und natürlich ist auch für das leibliche Wohl gesorgt insbesondere für den Durst. In einem Bollerwagen werden unter anderem alkoholische Getränke zum Warmhalten bei kalten Wintertemperaturen transportiert. In Ostfriesland wird natürlich in aller Regel geboßelt. Schließlich ist das Boßeln der Lieblingssport der Ostfriesen. So wird dann der Spaziergang zum jeweiligen Gasthaus zu einem geselligen Ereignis.
Kohlkönigspaar
Der krönende Abschluss der Kohlfahrt ist natürlich die Wahl des Kohlkönigspaares. So wird beispielsweise König oder Königin, wer am meisten vom Grünkohl gegessen hat oder wer als letzter vom Tisch aufsteht. Es wäre aber auch möglich die Spielergebnisse für die Wahl heranzuziehen. Das Zepter ist ein Kohlstrunk und symbolisiert die erlangte Königswürde. Mit dieser gehen natürlich auch einige Pflichten einher, so muss das Paar die Kohlfahrt im kommenden Jahr organisieren und jedem Teilnehmer einen Schnaps ausgeben. So endet dann der gesellige Abend mit einem krönenden Abschluss und die Teilnehmer gehen ihrer Wege bis zur nächsten Kohlfahrt.