Norden vielmehr als eine Windrichtung

Norden vielmehr als eine Windrichtung - Norden um 1845 Stahlstich von Johann Gabriel Friedrich Poppel (1807-1882)

Norden ist eine über die Jahrhunderte hinweg gewachsene Kleinstadt mit langer Geschichte. Bereits ab dem 6. Jahrhundert kann eine städtische Entwicklung nachgewiesen werden, damals wanderten die Friesen von Westen her in das heutige Ostfriesland. Es entstanden verschiedene regionale Marktorte darunter auch Norden. Natürlich hat sich seitdem das Gesicht der Stadt im Wandel der Zeit stetig verändert, doch auch heute lassen sich Zeitzeugen aus längst vergangenen Tagen finden. Diese beweisen, dass Norden vielmehr als eine Windrichtung ist.

Lange Geschichte, ganz kurz

Als regionaler Marktort wurde der Handel in Norden natürlich großgeschrieben. Die Haupthandelsgüter waren Vieh, Muschelkalk und Salz. Im 11. Jahrhundert begann der Deichbau um die wachsende Ortschaft vor Überflutungen zu schützen. Im 14. Jahrhundert kam es dennoch zu einigen Flutkatastrophen. Für Norden war dies jedoch nicht zum Nachteil, bekam es dadurch doch einen direkten Zugang zum Meer mit der Folge, dass sich in Norden ein bedeutender Seehafen entwickelte. Später erfolgte die Verlegung des Hafens nach Norddeich Grund dafür waren weitreichende Eindeichungen in der Leybucht.

Um 1800 wurde Norderney offiziell zum Seebad und der Fremdenverkehr am Norddeicher Hafen nahm mit jeder Saison weiter zu. Mit der steigenden Zahl der Fährgäste wurde ein Ort für den Verkauf der Billets für die Überfahrten benötigt. Dies war die Geburtsstunde vom Fährmannshaus, dem heutigen Hotel Fährhaus. Spätestens 1883 wurde aus Norden vielmehr als eine Windrichtung, denn Norden bekam seinen eigenen Bahnhof mit Anbindung nach Wittmund und Emden. 1892 wurde die Eisenbahnstrecke nach Norddeich verlängert und trieb den Tourismus weiter voran.

Im weiteren Verlauf kam es zu den beiden Weltkriegen, die Norden weitestgehend unbeschadet, abgesehen von den täglichen Entbehrungen, überstand. Im Anschluss an diese Zeit wurde der Tourismus wieder gezielt gefördert bis es 1972 zur Gründung des Kurbetriebes kam. Seit dieser Zeit lebt ein Großteil der Norder Einwohner vom Fremdenverkehr. Doch nun genug der Geschichte und zurück zu den Zeitzeugen dieser längst vergangenen Tage…

Burgen, Klöster…

Die Burganlage „Olde Borg“ im Norder Stadtgebiet diente lediglich dazu den Landfrieden zu waren. 1285 von der Landesgemeinde Norden errichtet, ergänzte sie rund 200 Jahre bis zu ihrem Abriss das Stadtbild. Die erstarkenden Häuptlingsfamilien sahen durch die Burg ihren Einfluss gefährdet und handelten einen Vertrag im Jahr 1428 aus, der die Burg überflüssig machte. Der vermutete Standort der Burganlage ist zwischen den Straßen Burggraben und Hooge Riege, bei zuletzt genannter wurde bei Bauarbeiten der Burggraben angeschnitten.

Das genaue Gründungsdatum des Benediktinerklosters Marienthal bleibt bis heute ungeklärt. Es gibt jedoch Belege, dass es älter als das Dominikanerkloster ist, da es im Zusammenhang mit dem benachbarten Kloster als „dat olde cloester“ bezeichnet wurde. Marienthal bestand nach der Reformation noch bis 1555, anschließend löste es sich auf. Von der Ausstattung ist nur noch das Chorgestühl geblieben, dieses befindet sich nun in der Ludgerikirche. Heute steht auf dem Gelände „Am Zingel“ ein Altenwohnheim der AWO, lediglich eine Marienstatue erinnert an die frühere Nutzung.

Das, um 1264 von lokalen Häuptlingen gestiftete, Dominikanerkloster war das erste Kloster in Ostfriesland nach der Reformation, dass sich wieder auflöste. Die Gebäude wurden in der Folgezeit vollständig abgetragen, heute steht auf dem Gelände das Ulrichsgymnasium. Bei Ausgrabungen wurden die Klosterkirche und Teile der nördlichen Klausurgebäude einschließlich eines Kellers gefunden, dessen Grundmauern in einem Schauraum im Gymnasium ausgestellt werden.

… und Kirchen

Die Andreaskirche, erstmals im 12. Jahrhundert erbaut, war die erste Stadtkirche. In unmittelbarer Nachbarschaft enstand die Ludgerikirche, die auch heute noch, im Gegensatz zur Andreaskirche, an Ort und Stelle steht. Die, nach einer Verwüstung im Jahr 1531, nicht wieder in Stand gesetzte Andreaskirche, blieb eine Ruine bis sie vollständig verfiel. Ihr Standort wurde bei Bohruntersuchungen auf dem alten Friedhof der Stadt wiederentdeckt.

In mehreren Bauphasen und über einen Zeitraum von 200 Jahren im romanisch-gotischen Stil erbaut, war der Baubeginn der Ludgerikirche bereits im 13. Jahrhundert. Der älteste Inneneinrichtungsgegenstand ist der Taufstein, der aus dem 14. Jahrhundert stammt und heute noch zum Einsatz kommt. Des Weiteren ist die Kirche für ihre weltberühmte Arp Schnitger Orgel aus den Jahren 1686-1688 bekannt. Sie ist das zweitgrößte erhaltene Werk Schnitgers in Deutschland und zweitgrößte Orgel in Ostfriesland. Das Instrument zieht Musiker aus aller Welt an, da es sowohl historisch als auch musikalisch ein Kunstwerk ist das seinesgleichen sucht.

Windmühlen

Die erste Deichmühle war eine hölzerne Bockwindmühle, die vermutlich aus dem 13. Jahrhundert stammt. Der heutige Galerieholländer, 1900 erbaut, hat ca. 70 Jahre treue Dienste geleistet. Seit 1974 beherbergt die Mühle ein Museum zum Thema Mühlengeschichte.

Erstmals im Jahr 1733 am heutigen Standort aufgebaut, ist die Gnurre-Frisia Mühle in den Folgejahren mehreren Feuern zum Opfer gefallen. Ein fast vollständiger Wiederaufbau erfolgte bis zum Jahr 1887. 1930 kam es, aus finanziellen Gründen des Eigentümers, zum Abbau der Mühle. Ausschließlich der Steinkant blieb erhalten. Erst 1986/87 konnte sie mit Hilfe eines Fördervereins wiederaufgebaut werden. Heute beherbergt der Galerieholländer eine Ausstellung von alten Maschinen und Werkzeugen aus dem Bäckerhandwerk.

Die Westgaster Mühle wird 1550 erstmals als Bockwindmühle erwähnt. Der, im Jahre 1863 erbaute und heute noch stehende, Galerieholländer steht unweit der Stelle der früheren Bockwindmühle. Seit 1988 bis heute wird die Mühle von einem Verein mit Müllerei, traditioneller Landwirtschaft, Hofladen und einer Teestube betrieben.

Architektonisch bedeutsame Gebäude

Am Norder Markt und der Osterstraße finden sich neben weiteren besonderen Gebäuden das Dree Süsters, das Schöninghsche Haus und die Mennonitenkirche. Das Dree Süsters ist ein Gebäudeensemble aus dem 16. Jahrhundert und besteht aus drei giebelständigen Backsteinbauten, erbaut im Stil der Renaissance. Das Schönninghsche Haus, erbaut 1576, ebenso wie das ursprüngliche Hauptgebäude der Mennonitenkirche, erbaut 1662, sind ehemalige Patrizierhäuser, die durch die ihre besondere Architektur sofort ins Auge fallen.

Entdecken Sie, dass Norden vielmehr als eine Windrichtung ist

Dies sind nur einige Zeitzeugen die Lust machen sollen noch mehr von Norden zu entdecken. Vielleicht finden Sie ja noch mehr Belege, warum Norden mehr als eine Windrichtung ist. Erkunden Sie Norden beispielsweise am Tag des offenen Denkmals (zweiter Sonntag im September) oder tauchen Sie bei einer Stadtführung in die Stadtgeschichte ein und lernen viele spannende Plätze und Orte in Norden kennen. Wir wünschen schon jetzt viel Spaß bei der nächsten Entdeckungstour.